

---
TV-Sender zeigt lieber Geisterspiele als gar keine
Für die Eishockeyclubs sind Playoffs ohne Zuschauer ein finanzielles Desaster. Doch MySports-Programmchefin Steffi Buchli macht mit einer Aussage Druck.
Weshalb sind Clubs und Liga seit der Ligaversammlung vom Montag so vage in ihren Aussagen?
Weil die rechtliche Situation zwischen der Liga und dem TV-Rechteinhaber MySports noch geklärt werden muss. Weil es, natürlich, um viel Geld geht. Und weil sich keiner der Beteiligten die finanziell und sportlich bestmögliche Option vorzeitig verbauen möchte: Playoff in vollen Hallen und voller Länge ab dem 17. März.
Was würden weniger oder gar keine Spiele mehr für die Clubs, die Liga und den Verband bedeuten?
Keine Emotionen, wohl keine Titelvergabe, kaum Resonanz und Aufmerksamkeit, der Verzicht auf die grosse Bühne Playoff: All das wäre dem Produkt Eishockey in hohem Mass abträglich. Allerdings wäre der Schaden mit der Fortsetzung von Geisterspielen grösser, weil diese die Clubs vor existenzielle Probleme stellen. Der SCB ist zwar nicht im Playoff vertreten. «Aber für uns wäre Playoff ohne Publikum undenkbar», sagt Geschäftsführer Marc Lüthi. «Prämien zahlen, ohne Einnahmen zu generieren: Da würde sich ein Loch öffnen, welches nicht zu schliessen wäre.» Verbandspräsident Michael Rindlisbacher sagte am Montag nach der Pressekonferenz: «Wir müssen solidarisch sein. Es gilt unbedingt zu verhindern, dass die Existenz eines Clubs durch die Situation gefährdet wird.»
Lässt sich der finanzielle Schaden von Geisterspielen für die Clubs beziffern?
Er fällt individuell aus, weil die Clubs unterschiedliche Bestimmungen und Bedingungen haben. Die einen stellen und zahlen Personal pro Matchtag an und aus, die anderen pro Saison. Die einen zahlen die Miete für Halle und Eis pro Saison, die anderen pro Spiel. Entsprechend unterschiedlich sind die finanziellen Verluste.
Aber: Spiele ohne Publikum, ohne besetzte Logen, ohne Umsätze in der Gastronomie, die treffen jeden Club an der Lebensader. Dem EHC Biel entging im Geisterspiel zuhause gegen die ZSC Lions allein in der Gastronomie ein Umsatz von rund 100’000 Franken. Der SCB kam gegen Gottéron auf eine Einbusse von einer knappen Viertelmillion Franken. Die Berner haben eine Ausfallversicherung für höhere Gewalt abgeschlossen. Diese deckte einmalig eine Summe von 200’000 Franken ab. Das Gros der Clubs ist für einen solchen Fall nicht versichert.
Wie ist die Position von MySports?
Der UPC-Sender MySports hält für jährlich 35 Millionen Franken die Übertragungsrechte. Modus und Anzahl Spiele sind klar definiert. Wird das Playoff gekürzt oder abgesagt, wird der Rechteinhaber dies nicht einfach so hinnehmen. Zumal der Vertrag mit dem Eishockeyverband 2022 ausläuft und rund um MySports seit längerem Verkaufsgerüchte kursieren. Entsprechend wichtig ist es für Programmchefin Steffi Buchli, eine starke Position einzunehmen. Buchli sagte in der SRF-Sendung «Club»: «Ich verstehe, dass Clubs und Verbände keine Geisterspiele wollen. Ihnen entgeht ein essenzieller Betrag. Und die Zuschauer sind mehr als nur Kulisse. Es gibt aber auch die Optik als Programmchefin eines Kanals. Und da sage ich: Wir haben einen Vertrag, wir würden gerne Spiele übertragen. Ob das Geisterspiele sind oder nicht, ist im Endeffekt nicht entscheidend.»
Welche Überlegungen machen sich die Clubs?
Sie werden abwiegen, was finanziell schwerer wiegt: Das Minus aus einem Geisterspiel oder der Verlust von Geldern aus dem TV-Vertrag bei Absagen. Hierfür müssen die Clubs wissen, was es sie kostet, wenn Partien gestrichen werden. Zurzeit laufen Gespräche zwischen Ligadirektor Denis Vaucher und den TV-Partnern (auch die SRG überträgt im Playoff live).
Zudem suchen die Clubvertreter nach Lösungen, wie die Kosten zu senken sind. Eine Option ist, betriebliche Notlage geltend zu machen, für das Personal Kurzarbeit einzufordern und auf diese Weise vorübergehende Beschäftigungseinbrüche auszugleichen. Nicht anspruchsberechtigt sind allerdings Arbeitnehmer, die in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehen (also die Spieler) oder nur temporär angestellt sind. Beim SCB beispielsweise stehen 1200 Leute auf der Payroll. Davon arbeiten 900 in der Gastronomie, deren 750 auf Teilzeitbasis. Geschäftsführer Lüthi sagt: «Es ist ein Gedanke, für die fest angestellten Leute in der Gastronomie die Kurzarbeitsentschädigung einzufordern. Aber wir haben viele Teilzeitmitarbeiter, denen nun wichtiges ein Einkommen fehlt. Für sie tut es mir extrem leid. Um diese Leute mache ich mir kurzfristig mehr Sorgen als um die Profisportler.»
Kaum umsetzbar sind derweil Überlegungen, wonach die Spieler die Ausfälle mitzutragen haben. Georges Müller, Rechtsanwalt und Spieleragent, sagt: «Man hört erste Gerüchte. Aber es ist in der gegebenen Situation nicht das Verschulden des Arbeitnehmers, dass er seine Arbeit nicht erfüllen kann. Das ist das Problem des Arbeitgebers.»
Wie geht es weiter?
Zurzeit sind die Beteiligten daran, die rechtlichen Fragen zu klären (Reduktion der Rechtegebühr? Finanzielle Folgen von Verschiebung und Absage?) und einen Nenner zu finden. Der Rechteinhaber MySports scheint an einem langen Hebel zu sein. «Aber auch ihm wird es nicht dienen, wenn die National League – und ich male hier bewusst schwarz – später nur noch aus neun Clubs bestehen wird», sagt Müller. Lüthi sagt: «Es geht nicht darum, wer zu was gezwungen werden kann. Es geht darum, kühlen Kopf zu bewahren und eine Lösung zu finden, die allen Beteiligten das Überleben sichert.»
Die Einschränkungen des Bundesrats für Grossveranstaltungen ab 1000 Besucher gelten bis zum 15. März. In Anbetracht der steigenden Fälle an Corona-Erkrankten dürften sie kaum aufgehoben werden.