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von scb-bärner » So 17. Nov 2013, 22:06
Im Forum sind einige mal wieder ziemlich am Überbeissen. Vielleicht hilft der Artikel aus Zürich (NZZ) etwas beim Relativieren:
Knapp im Fahrplan
Die Erwartungen in Bern kann der Meister SCB noch nicht erfüllen. Das Problem sind aber weder der Trainer noch faule Spieler. Die Qualität des Kaders ist zu beschränkt.
Yves Tardent
Der SCB-CEO und -Mitbesitzer Marc Lüthi war trotz der 1:2-Overtime-Niederlage in Kloten gutgelaunt. Er scherzte mit dem Flyers-Coach Felix Hollenstein und placierte da und dort einen Spruch. Seine Lockerheit kontrastierte mit der in Bern herrschenden Hysterie um den Meister, der diese Saison nicht in die Gänge kommt.
Stets steht darum die Frage im Raum, wie viele Niederlagen es noch leiden mag, bis der Trainer Antti Törmänen entlassen wird. Zur Aufregung besteht indes kein Grund. Der SCB verrät Aufwärtstendenz, und Törmänen sitzt fester im Sattel, als es die veröffentlichte Meinung vermuten liesse.
Klar, die Berner blieben bisher vieles schuldig. Sie sind noch daran, ihre Stärken, die sie im Frühling zum Titel getragen haben, zu finden: die sichere Defensive und ein unerschütterliches Selbstvertrauen. Das Selbstvertrauen kommt und geht mit Siegen oder Niederlagen und dürfte zuletzt leicht gewachsen sein. Der in Kloten erkämpfte Punkt war der sechste aus den letzten drei Partien.
Keine Angriffsfläche geboten
Mit etwas Glück wäre gar mehr dringelegen. Die Berner machten die Räume eng, kontrollierten wie einst im Play-off-Final die Mittelzone, und auch der Keeper Bührer strahlte Sicherheit aus. Fleissig und engagiert war der SCB, er bot Lüthi keine Angriffsfläche wie noch am Freitag, als die Berner gegen die Lakers einen 3:0-Vorsprung verspielt hatten. «Hätten wir 20 Punkte mehr, wär's ganz okay gewesen», sagte Lüthi in Kloten.
Sein Anspruch ist, dass der SCB seinem Publikum in der Qualifikation Unterhaltung bietet. Das erfüllt der Klub auch am Trennstrich – er ist Stadtgespräch und bewegt das Volk. Doch Meisterschaften werden nicht im November entschieden. Jetzt gilt es, den Anschluss zu halten, damit das Team in Ruhe weiterarbeiten kann und nicht in eine Negativspirale gerät. Diese Gefahr besteht weiterhin, doch die letzten Performances der Berner offenbarten immerhin kleine Schritte in die richtige Richtung.
Mittelmässigkeit eingekauft
Wenn dem SC Bern ein Vorwurf zu machen ist, dann zielt dieser eher auf den Sportchef Sven Leuenberger als auf den Trainer. Leuenberger hat etwas gar viel Mittelmässigkeit eingekauft und es vor allem verpasst, Nachfolger für die Mittelachse aufzubauen. Jene steht mit den drei über 35-jährigen Centern Plüss, Ritchie und Gardner am Ende ihrer Haltbarkeit.
Starke Junge sind mit Vermin, Scherwey oder Bertschy zwar vorhanden, doch auch sie suchen ihre Form. Zu viel Mittelmässigkeit herrscht im Mittelbau vor, bei jenen Spielern im «besten» Alter zwischen 25 und 30 Jahren: Welliger, Rubin oder Weisskopf passten eher zum EHC Biel. So viel Tiefe, wie viele denken, hat der SCB gar nicht im Kader, zumal mit Roche und Gerber zwei Stützen lange ausfallen.
Unterform, aber keine Genügsamkeit
Der tragende Kern weiss dennoch, wie man Titel gewinnt. In Kloten verströmte dieser keineswegs Genügsamkeit, sondern höchstens Unterform. Plüss spielte stark, aber glücklos, und ein bejahrter Spieler wie Ritchie, der in den vergangenen Play-offs dominierte, läuft im Herbst gewöhnlich noch nicht auf allen Zylindern. Das Timing zielt auf die Play-offs, die durch die dreiwöchige Olympiapause zudem nach hinten verschoben wurden.
Findet Ritchie bis Weihnachten den Tritt, Lehtonen die Bindung zum Spiel, ein neuer Ausländer den Weg nach Bern und schöpfen die Jungen ihr Leistungspotenzial aus, ist die Play-off-Qualifikation sicher zu schaffen. Insofern befindet sich der SC Bern, trotz allem, noch knapp im Fahrplan, auch wenn die Titelverteidigung unrealistisch erscheint.