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von Talisker » Di 3. Mai 2016, 09:17
Was Lehmann da sagt hat man an zig Orten schon zigmal gehört - auch in Kloten. Auch immer wieder gleich verhält es sich damit, dass "Unternehmer" und "Macher" und "Leute aus der Wirtschaft" glauben, den "unfähigen" (bisherigen) Verantwortlichen mal zeigen zu müssen, wie man ein Sportunternehmen führt. Dabei gehen die neuen Hansdampfe stets von der irrigen Annahme aus, das Sportbusiness funktioniere gleich wie eine andere Unternehmung. Man investiert etwas und - sofern man nicht gerade einen völligen Seich ablässt - kommt auch etwas entsprechendes zurück. Ist ja logisch. Dazu muss man selbstredend die Kosten im Griff haben, d.h. man kann insgesamt nur soviel ausgeben, wie auch hereinkommt.
Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten zwischen einer Sportunternehmung und anderen, gerade was das Grundprinzip des Wirtschaftens anbelangt. Aber bei der Planbarkeit des Erfolges und der Einnahmen fängt es schon an mit den Schwierigkeiten. Man kann fast alles richtig machen, einhellig Lob von den Hockeyexperten ernten - und dann funktioniert es auf dem Eis trotzdem nicht. Niemand weiss so recht warum. Die Spieler haben gute Referenzen, sind langjährig bewährt, der Trainer ein anerkannter Fachmann - und es funktioniert trotzdem nicht. Und plötzlich wissen alle, was falsch gemacht worden ist. Die Spieler sind übersättigt oder passen nicht ins Gefüge, der Trainer hat sich abgenutzt, das Eis ist zu hart, der Assistent auch schon viel zu lange dabei - mit anderen Worten: Selbst ein Blinder mit Krückstock muss sehen, dass das nie und nimmer funktionieren kann. Spätestens dann beginnt es den erfolgsgewohnten "Unternehmern" zu verleiden. Man hat doch alles richtig gemacht, und trotzdem geht's nicht. Das allseitige Schulterklopfen weicht harscher Kritik; eine undankbare Bande diese Fans und Journalisten!! Je nach Gemütslage wollen sich die Unternehmer dann nochmal als Macher gebärden, aber spätestens nach der ersten Trainer- und Sportchefentlassung ist das Pulver für die Rettung des eigenen Egos verschossen. Die klügeren "Unternehmer" beginnen spätestens dann, an ihrem Rücktritt zu arbeiten, decken stillschweigend die die Einnahmen übersteigenden Kosten und suchen den nächsten "Unternehmer", der diesen unfähigen Sportfunktionären mal zeigen will, wie man einen Sportklub zu führen hat....
Lehmann wird eher früher als später feststellen, dass die Einnahmen stark erfolgsabhängig sind. Das Trüpplein unentwegter Hardcorefans wird zwar stets fahnenschwingend anwesend sein, eine volle Hütte gibt's auf Dauer aber nur, wenn auch etwas geboten wird. Vor allem in Zürich, wo das Publikum zahlreiche andere Unterhaltungsmöglichkeiten hat. Kloten ist von dem her weder Langnau noch "Kult" Ambri, und ist gerade punkto Infrastruktur eher schlecht aufgestellt mit dem Schluefweg. Spätestens dann, wenn Ambri die neue Halle in Betrieb nimmt.
Die vielbeschworene Nachwuchsorganisation benötigt vorerst mal Zeit und Geld, bevor ab und zu Spieler daraus hervorgehen, welche NLA-tauglich sind. Auch hier hat man den Eindruck, dass die Erwartungen sehr optimistisch sind.
Und wie es schon gesagt wurde: Wie gross die Solidarität der Spieler auf Dauer ist, bleibt abzuwarten. Natürlich ist jetzt nicht gerade die Zeit, wo die anderen Teams noch massenhaft Spieler verpflichten. Ausser 2-3 Stars oder grosse Nachwuchstalente werden die Klotener kaum mit attraktiven Angeboten überhäuft. Das dürfte sich in der nächsten Transferperiode ändern. Lehmann sollte deshalb nicht zu sehr darauf bauen, dass ihm die Spieler zuerst mal zugehört haben, ohne gleich ihren Abgang anzukündigen.
Aber eben, neuer Versuch + neues Glück. Bei Lehman ist anzuerkennen, dass er grundsätzlich etwas ändern will, und dazu braucht's möglicherweise eine radikale Kur. Bleibt zu hoffen, dass der Patient daran nicht gleich zugrunde geht. Was Lehmann vermutlich zu wenig berücksichtigt hat ist das schwierige Umfeld in Kloten, gerade punkto Infrastruktur. Wie gross die Verwurzelung im "Dorf" noch ist, bleibt nach der xten Rettungsübung und immer wieder neuen Enttäuschungen eine offene Frage.