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von bandeschreck » Sa 12. Nov 2022, 08:23
Aus der heutigen Berner Zeitung:
Der SCB und die Suche nach Mister X
25 Trainerkandidaten: Eine Woche nach der Entlassung von Johan Lundskog steht Bern noch ohne Coach da. Klar ist: Einen Philosophiewechsel wird es nicht geben. Und Sven Bärtschi kann aufatmen.
Angelo Rocchinotti
Während einige seiner Berufskollegen dank der Nationalmannschaftspause ein paar freie Tage geniessen, hat Andrew Ebbett derzeit alle Hände voll zu tun. Der SCB-Sportchef sichtet Bewerbungen, wertet diese aus, spricht mit Trainerkandidaten und erledigt Telefon um Telefon. Das Ziel ist klar: Wenn der SCB in einer Woche gegen Fribourg wieder ins Spielgeschehen eingreift, soll ein neuer Trainer an der Bande stehen.
Eine interne Lösung wird es nicht geben. Mit U-20-Trainer Mario Kogler, der vor zwei Jahren nach der Entlassung von Don Nachbaur das Amt übernommen, den SCB zum Cupsieg und ins Playoff geführt hatte, wurden keine Gespräche geführt. Auch wird der bisherige Assistenztrainer Christer Olsson nicht zum Head-Coach aufsteigen. Das, obwohl man in Bern viel vom geradlinigen 52-Jährigen hält, der in seiner Heimat Schweden und in Österreich bereits Erfahrungen als Cheftrainer gesammelt hatte.
Ebbett sondiert den Markt, geht auch aktiv auf potenzielle Kandidaten zu. In der Vergangenheit waren Trainerwechsel gleichbedeutend mit einem Stilbruch.Auf Nordamerikaner folgten Skandinavier. Auf Trainer, die auf Eigenverantwortung setzten und den Spielern Freiraum gaben, solche,welche die Profis an der kurzen Leine hielten. Unvergessen, wie Guy Boucher nach der Trennung von Antti Törmänen seine Spieler schon im ersten Training übers Eis hetzte, sodass sich diese auf einem Kasernenhof wähnten. Der damalige CEO Marc Lüthi stand am Spielfeldrand und ergötzte sich daran.
Kein Trainer wie Hartley
Geht es nach der Tradition, müsste der SCB nun also Bob Hartley holen. Der Mann, der für die bitterste SCB-Niederlage der Neuzeit mitverantwortlich ist, als Steve McCarthy 2012 die ZSC Lions 2,5 Sekunden vor Schluss in der Postfinance-Arena ins Meisterglück schoss. Dass der 62-Jährige aber nicht einmal ansatzweise beim SC Bern ein Thema sein kann, liegt auf der Hand.
Mit Sven Bärtschi steht ein Spieler im Kader, der einst in Calgary unter Hartley spielte. Der Stürmer wurde vom Kanadier derart zusammengestaucht, dass er in Tränen ausbrach. So erzählt es zumindest Bärtschis damaliger Teamkollege Shane O’Brien. Auch der ehemalige Nationalgoalie Jonas Hiller kam mit der schroffen Art Hartleys nicht klar. «Er konnte die Spieler auch nach einem 5:0-Sieg verbal attackieren. Mich nannte er einen faulen Sack. Ich hatte die Nase voll von Eishockey», sagt Hiller.
Doch wen soll der SCB holen, nachdem in den letzten zweieinhalb Jahren fünf Trainer beschäftigt wurden und den Ansprüchen nicht genügten? Klar ist: Einen Philosophiewechselwird es nicht geben. «Wir suchen jemanden, der den eingeschlagenen Weg fortsetzt», sagt Ebbett. «Es soll ein moderner Trainer sein, der auf Puck-Management setzt. Wir wollen mit der Scheibe spielen und sind überzeugt, dass man heute nur noch so erfolgreich sein kann. Gerade in den Playoffs. Mit Dump-and-Chase Hockey gewinnt man nicht mehr.»
Crawford, Varada und Green
Trotz der Trennung von Johan Lundskog befinde man sich auf dem richtigen Weg. Nun gelte es, noch schneller, noch aggressiver und noch physischer zu spielen. «So wie es die SCB-DNA vorsieht», so Ebbett. Der neue Mann soll in die bestehende Trainercrew passen, die Spieler fördern und sie fordern. «Wir wollen einerseits junge Spieler einsetzen, andererseits erfolgreich sein. Es braucht einen Trainer, der beide Ansprüche handeln kann. Um das volle Potenzial auszuschöpfen, ist auch ein gutes Verhältnis zwischen Garderobe und Trainer zentral.»
Auf der Liste stehen Marc Crawford und Vaclav Varada. Crawford führte den ZSC 2014 zum Meistertitel und war zuletzt als Assistenztrainer bei den Chicago Blackhawks tätig. Varada, der ehemalige NHL- und HCD-Stürmer, führte in Tschechien Trinec zweimal zum Titel. Doch da ist ein weiterer interessanter Name: Travis Green.
Der 51-Jährige mit über 1000 NHL-Einsätzen berät derzeit am Karjala-Cup den Trainerstab um Nationalcoach Patrick Fischer. Green bestritt 2007/08 eine Saison beim EVZ, war die letzten fünf Jahre als Head-Coach in Vancouver tätig. Insgesamt stünden 25 Kandidaten auf der Liste, heisst es. Man evaluiere nun, will sich nicht unter Druck setzen lassen. Verständlich. Schliesslich soll dieses Mal der richtige Trainer gefunden werden.
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Hier noch ein Interview mit Travis Green zum Zeitpunkt, als er die Vancouver Canucks übernommen hat. Scheint kein klassischer NHL-Coach zu sein, sondern einer, der mit seinen Spielern kommuniziert und sie einbezieht. Könnte ihn mir gut als neuen SCB-Coach vorstellen:
https://www.youtube.com/watch?v=Vk3SlJYRZJ0