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von Talisker » Di 15. Dez 2015, 21:41
NZZ
Eishockeyklubs planen Revolution
Aufstand gegen die Spieler
Die Nationalliga-A-Klubs sind sich einig: Die Spielerlöhne sind zu hoch. Sie wissen auch, wie das zu ändern wäre. Die Frage aber ist: Gibt es die Solidarität?
von Daniel Germann15.12.2015, 21:24 Uhr
Egerkingen am Schnittpunkt zwischen den Strassen-Transversalen A 1 und A 2 hat im Schweizer Eishockey schon mehr als einmal eine Rolle gespielt. In Egerkingen wurden Nationaltrainer verpflichtet und entmachtet, in Egerkingen wurden grosse Spielertransfers vorbereitet und vollzogen oder konspirative Gespräche über Sein und Schein der Liga geführt. Am Dienstag war Egerkingen wieder Schauplatz einer Zusammenkunft, die erst halboffiziellen Charakter hatte. Sollten die diskutierten Themen aber nur ansatzweise umgesetzt werden, würden sie das Schweizer Eishockey nachhaltig verändern.
Vier brisante Vorschläge
Die führenden Exponenten der zwölf A-Klubs trafen sich zu einer Sitzung ausserhalb der normalen Agenda, die nur einer Frage nachging: Wie bekommen wir die ausufernden Salärkosten in den Griff? Innerhalb der letzten 15 Jahre haben sich die Spielerlöhne nahezu verdoppelt. Das durchschnittliche Salär beträgt heute rund 200 000 Franken, die Toplöhne liegen über einer halben Million. Geht diese Entwicklung weiter, befürchtet ein Klub wie der HC Lausanne, in drei Jahren finanziell nicht mehr länger in der NLA bestehen zu können. Dabei haben die Waadtländer mit 6515 Zuschauern den dritthöchsten Durchschnittswert der Liga.
Während Jahren wurden die steigenden Kosten als unvermeidliche Begleiterscheinung der Professionalisierung beklagt, aber schulterzuckend hingenommen. Nun scheint der Leidensdruck vor allem bei den kleineren Klubs derart gross, dass sich ernstzunehmender Widerstand gegen die Entwicklung formt. Die Klubs diskutieren über vier Punkte, mit denen sie gegensteuern wollen. Die Liga wird für die nächsten drei bis fünf Jahre geschlossen. Das verhindert kostspielige Notaktionen und gibt abstiegsbedrohten Klubs eine gewisse Planungssicherheit. Nach dem Vorbild des US-Profisports wird eine Lohnobergrenze, ein Salary Cap, eingeführt werden. Die Zahl der Ausländer wird erhöht, um das Monopol der Schweizer Spieler einzuschränken. Mäzenen-Beiträge sind nur noch bis zu einer Höhe von fünf Millionen Franken zulässig. Überschreitet ein Klub die Summe, wird eine Strafzahlung an die Konkurrenten fällig.
Bis zum Januar nehmen sich die Klubs nun Zeit, die Vorschläge zu konkretisieren und auszuformulieren. Im optimalen Fall sollen sie an der ordentlichen Gesellschafterversammlung im kommenden Juni verabschiedet und auf die Saison 2017/18 umgesetzt werden.
Innerhalb der Liga ist unumstritten, dass etwas gegen die Lohntreiberei getan werden muss. Obwohl die Nationalliga ein hervorragendes Produkt und auf dem Werbemarkt gut positioniert ist, ist in den letzten zwei Jahrzehnten ausser der HC Lugano praktisch jeder NLA-Klub mindestens einmal in eine existenzbedrohende Situation geraten. Zu publizitätsträchtigen Konkursen wie im Fussball beim FC Servette, FC Neuenburg Xamax oder dem FC Lugano ist es bisher nur deshalb nicht gekommen, weil die Eishockeyklubs als Spekulationsobjekte ausländischer Investoren weniger attraktiv sind. Betroffen von Konkursen waren kleinere Klubs wie der EHC Chur, der HC Sierre oder die Young Sprinters aus Neuenburg.
Gleichzeitig ist der Widerstand gegen das Paket programmiert, sollte es tatsächlich in der andiskutierten Form zur Abstimmung kommen. Die Schliessung der Liga und die Erhöhung der Ausländerzahl sind in der Schweiz Reizthemen, die politisch bereits mehrmals gescheitert und aus kartellrechtlicher Optik heikel sind. Der letzte Versuch, den Abstieg abzuschaffen, liegt mittlerweile 15 Jahre zurück, wurde damals allerdings denkbar knapp abgelehnt. Ein Salary Cap wurde bisher als unzulässiger Eingriff in den Markt betrachtet.
DEL – Vorbild und Warnsignal
Mittlerweile ist der Kostendruck aber offensichtlich so hoch, dass man gewillt ist, sich der Diskussion erneut zu stellen. Als Vorbild und Warnsignal zugleich dient die deutsche Eishockeyliga (DEL), die vor 20 Jahren einen ähnlichen Weg wählte, wegen der Schwemme von billigen und zweitklassigen Ausländern vorübergehend aber den sportlichen Anschluss verpasste und dies unter anderem mit zwei Abstiegen aus der A-Gruppe bezahlte.