Muss Eishockey weh tun?

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Talisker
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Muss Eishockey weh tun?

Beitrag von Talisker » So 5. Okt 2014, 13:56

Die Kritik von Duc (...für die er kritisiert wird....) ist nicht unberechtigt, auch wenn bei gewissen Dingen (...wie beim Thema Goali...) ein Dauerlamento nichts bringt, weil es kurzfristig nicht zu ändern ist. Dass Servette diese Saison bestenfalls ein müder Abklatsch der letzten ist, wird man kaum bestreiten können - hätte man gestern nochmals verloren, hätten wir das grösste Theater in Bern. Will man das Positive herausstreichen, so kann man erwähnen, dass wir wenigstens die Punkte holen, welche wir "umzverrecke" holen müssen - so wie eben diejenigen gegen ein schwaches Servette.

Gleichzeitig muss man aber auch erwähnen: Selbst gegen solche Gegner haben wir riesige Schwimmfeste bei der Verteidigungsarbeit, und der Gegner kommt noch und noch zu gefährlichen Abschlüssen. Es ist unbestritten, dass Marco Bührer seine stärksten Jahre wohl hinter sich hat, aber in dem Tohuwabohu, welches seine Gspändli regelmässig ums Tor herum zulassen, kann man sich als Goali kaum im grossen Stil präsentieren. Das gewohnte Bild ist dieses, dass ein Gegner etwa 3 SCB-Spieler an der Bande beschäftigt - aber in 9 von 10 Fällen die Scheibe beim Gegner verbleibt.

Aus diesem Chaos heraus kommen auch nur selten gute Angriffe zustande, Kunststück, wenn das Gros des Blocks hinter und unmittelbar vor dem eigenen Tor herumpurzelt!! Da muss man jeweils schon froh sein, bringt man die Scheibe aus dem Drittel. Kommt man dann ab und zu doch minder chaotisch bis zur eigenen blauen Linie, folgt ein Pass der Sorte "Hockey-Grümpelturnier-im-kanadischen-Holzfällerlager" - entweder auf Gebisshöhe, meterweise neben die Anspielstation, oder trudelnd als würde man auf dem Natureis des Egelseelis spielen. Die Kollegen, welche sich eigentlich freilaufen müssten, sind meist alles andere als in der Vorwärtsbewegung - bestenfalls läuft dann einer in eine Wand von mindestens 3 Gegnern hinein, oder 2 SCB-Stürmer behindern sich in Bandennähe selber - heja, man spielt ja aus Prinzip immer mitten ins "Gschtürm" hinein...

Nicht jeder Angriff kann eine Bombe sein, wo man mit viel Tempo und auf breiter Front ins gegnerische Drittel kommt, aber - Himmuhergottdonnernonemau!!!!!!! - selbst die Schwanzklubs der NLA (...und der EHC Thun im Cup...) bringen einen normalen Angriff fertig, wo man mit 2-3 Pässen ans Ziel kommt, ohne Gefahr zu laufen, den Gegner zum kontern einzuladen. Beim SCB lebt man hingegen nach der Devise "...wir haben noch manchen Puck..." - zur Scheibe wird keinerlei Sorge getragen, sondern schon fast mutwillig dem Gegner überlassen. Die Scheibe wird auch dann in die gegnerischen Ecken gedroschen, wenn keine Chance besteht, diese auch wieder ausgraben zu können. Die Gegner müssen sich gar nicht einmischen, sondern können abwarten, bis ihnen die Scheibe aus dem SCB-Fehlpass-Chaos automatisch zufliegt.

Das grosse Rätsel, weshalb Spieler wie Holloway oder Kobasew beim SCB etwa 99% ihrer Wirkung + Torgefährlichkeit eingebüsst haben, ist relativ schnell gelöst. Die wären auf ein halbwegs funktionierendes SPIEL angewiesen, wo man auch mal einen Pass bekommt, und nicht jeder den Puck irgendwohin drischt. Wer sich die Mühe nimmt, und die beiden Hoffnungsträger speziell beobachtet in einem Einsatz, stellt erschreckendes fest. Da wird gekrampft, gelaufen, ist sichtbar bemüht, richtig zu stehen und Laufwege einzuhalten, wo man in einer normal agierenden Mannschaft wenigstens ab und zu mit einem optimalen Pass rechnen könnte - nicht aber beim SCB. Nicht selten gehen die beiden vom Eis, ohne die Scheibe auch nur berührt zu haben - ausser sie stürzen sich irgendwo hinter dem eigenen Tor in einen Bandenkampf.

Der SCB hat nun inkl. Champions-League wohl gegen 15 Ernstkämpfe absolviert - und ausser generösem Einsatz ist nach wie vor keinerlei Zusammenhang auf dem Eis sichtbar.

Lieber Guy Boucher / Sven Leuenberger: MUSS EISHOCKEY EIGENTLICH WEH TUN? SIND EIN HALBWEGS VERNÜNFTIGES PASSSPIEL + SPIELKONZEPT ODER SO ETWAS ÄHNLICHES WIE SCHEIBENKONTROLLE FREMDWÖRTER? Irgendwo zwischen dem vom SCB produzierten Chaos-Murks und unproduktivem Schönwetterhockey gibt es doch noch ein paar Zwischentöne!!!
Um wenigstens mit etwas positivem abzuschliessen: Gratulation für die etwas offensivere Verteidigung im Boxplay – wenig erstaunlich klappt dies besser als passive Herumstehen um Bührer und Verursachen von gefährlichen Ablenkern. Daraus schöpfe ich die Hoffnung, dass man nicht komplett lernresistent ist. Auf diesem Weg kann man weiterfahren – schaut Euch mal ein Video der einschlägigen Teams an, wie die aus dem eigenen Drittel herausfahren. Dort wird auch gerannt und gekämpft, gelitten und gerackert - aber das Ganze ist in eine gewisse Ordnung und Struktur eingebunden – und dient nicht nur dazu, Eishockey zu leiden + zu arbeiten, sondern Eishockey zu SPIELEN!!!

SCB_since1977
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Re: Muss Eishockey weh tun?

Beitrag von SCB_since1977 » So 5. Okt 2014, 15:25

So schlimm ist es nun aber auch nicht.

Erfreuen wir uns doch an den kleinen Schritten wie das von dir beschriebene besser aufgestellte Boxplay. Oder auch das Powerplay im 2. Drittel als man fast 2 Minuten im Drittel der Senfer war oder den Save von Beppo gegen Rubin, der schön rausgespielte Angriff wo Reichert allein vors Tor kam dass wir den Senfer körperlich entgegen gehalten haben. In den letzten Jahren wären wir am Körperspiel der Genfer zerbrochen und hätten das Spiel aus der Hand gegeben.
Vergessen wir nicht von wo wir kamen, dass praktisch alle 1 1/2 Jahre ein anderer Trainer kam mit anderer Philosophie und dass 9 neue Spieler mit besseren Ausländer noch lange nicht das Rezept ist Hockey zu zelebrieren und vorne an der Spitze mitzumischen.
Ansonsten hätte ja YB mit dem Übertrainer Gross auch Meister werden müssen :)
Das Genf nach den Abgängen von Lombardi, Daugavins, Hollenstein und Almond nicht mehr die spielerische Klasse der letzten Saison hat ist auch klar. Die spielen wie früher, genau die gleiche Taktik wieder.
„Ein Spieler, der nicht bereit ist, sich ständig zu verbessern und nicht jedes Spiel, sei es noch so unwichtig, gewinnen will, der wird nie ein Großer werden!“
Wiktor Wassiljewitsch Tichonow
4.6.1930 - 24.11.2014

Hektor
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Re: Muss Eishockey weh tun?

Beitrag von Hektor » So 5. Okt 2014, 18:24

Ich habe da irgendwie über die letzten Jahren gesehen ein Déjà-vu. Über die Angriffsauslösung diskutieren wir seit Jahren. Diese war unter Huras unschön und vieles hing an der Präsenz von Josi, unter AT im ersten Jahr war's besser, sogar gut, was leider nicht im Titel mündete, ein Jahr später holte man den Titel in wilden Playoffs, in denen wir wie noch selten gesehen getragen von Leistungen von Einzelspielern wie Ritchie und Plüss ins Finale kamen und dort stellte sich dann Gottéron derart "dämlich" an, dass wir quasi ohne "Schönspielerei" den Titel einfuhren (ein Highlight für Hockey-Ästheten war das Finale 12/13 ja wahrlich nicht). Grob und kurz zusammengefasst.

Offenbar fehlen uns einfach die Verteidiger um die Angriffsauslösung hinzukriegen, und vorne drin fehlt uns m.E. auch ein spielstarker Center mit der Stärke "Passing". Plüss ist nicht der Playmaker, Ritchie hätte die Anlagen, ist seit 13 Monaten leider mehr mit sich selber als mit dem Gegner beschäftigt, Gardner ist und war kein Passeur, Bertschy hat wieder die Anlagen dazu, auf dem Flügel ist er aber wirksamer.

Ich frage mich manchmal auch, weswegen einfache Pässe "abverrecken" oder gar nicht erst in die Nähe des Adressaten kommen, aber eben. Was man lange nicht gepflegt hat, entsteht nicht über einen Spätfrühling in den Playouts und über den Sommer. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole. Der ZSC hatte unter Hartley dieselben Schwierigkeiten und haben 5 Monate benötigt, seither haben sie's im Griff, ungeachtet des Trainers.

Duc
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Re: Muss Eishockey weh tun?

Beitrag von Duc » So 5. Okt 2014, 21:02

Ohne Konzept werden die besten Spieler zu Bettlern. Aber unser Trainer nennt sich ja Offensivcoach. Die offensive fusst aber gewöhnlich auf einer soliden Defensive und einer guten Balance im Spiel. Unsere Offensive ist ein heilloses Durcheinander, die Defensive ebenso. Und in den jetzt noch wichtigeren Special Teams sind wir mittlerweile am Schwanz der Liga.

Dafür haben wir jetzt den Monatscaptain eingeführt. Der erste musste von seinem Vorgänger laufend gecoacht werden, damit er wusste, wann es angemessen wäre, sich zum Schiri zu begeben. Der zweite hat seit über einem Jahr null Einfluss aufs Spiel und der nächste dürfte wohl derjenige sein, welcher am schönsten übers Eis purzelt. :D

Aber nicht dass man mich falsch versteht, auch ich amüsiere mich köstlich. Tragik, auch wenn es komisch tönt, kann nämlich durchaus komisch, ja lustig sein. Wir haben durchaus genügend Talent im Team, um anständiges Hockey zu spielen. Was daraus gemacht wird, ist aber zum grediuse mööge. :D :D

Aber äs chunnt de scho guet, ganz sicher. :)
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Re: Muss Eishockey weh tun?

Beitrag von sbangerter » So 5. Okt 2014, 21:12

Finde Talisker's Beitrag 1a und kann mich dem voll und ganz anschliessen.
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Hektor
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Re: Muss Eishockey weh tun?

Beitrag von Hektor » So 5. Okt 2014, 23:06

Dann sehe ich die Motivation zum Spielbesuch nicht so ganz, Duc. Kann es effektiv unterhaltsam sein, 1 bis 2 Mal pro Woche ins Stadion zu gehen, nur um anhand diverser Szenen zu sehen, dass man recht behält um sich darob und allenfalls der "Verblendung" von anderen zu amüsieren? Tönt nach mir nach verschwendeter Zeit. Aber evtl. interpretiere ich es falsch.

Maple Leaf
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Re: Muss Eishockey weh tun?

Beitrag von Maple Leaf » Mo 6. Okt 2014, 06:46

Ja, Eishockey tut weh.

Was mir in Moment am wenigsten gefällt ist, wie gewisse SCB-Verteidiger im Moment ganz bewusst ohne jeden Einsatz ihres Körpers spielen. Furrer als Paradebeispiel (den würde ich momentan SOFORT nach Lugano freigeben, falls ein Tausch möglich wäre: umso besser), aber auch die meisten anderen Verteidiger. Wohl in der Tat eine taktische Variante, welche aber gegen einen HC Davos oder den Zett niemals zum Erfolg führen kann. Allenfalls sind da für später in der Saison Änderungen vorgesehen.

Was war am Samstag mit Reichert los? Spielte komisch verkrampft in einer unnatürlichen Körperhaltung. Setzte sich bei Wechseln teilweise gar nicht mehr auf die Spielerbank. Sah von der Tribüne aus nach starken (Rücken-?)Schmerzen aus. Wurde da eben doch ein angeschlagener Spieler eingetauchscht? Wir werden es noch genau herausfinden, befürchte ich jetzt mal.

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Re: Muss Eishockey weh tun?

Beitrag von JetztErstRecht » Mo 6. Okt 2014, 07:15

Bei aller Kritik an fehlendem System, ich fand das Spiel am Samstag nicht soo schlecht und meinte eine deutliche Steigerung in einigen Krisenregionen zu sehen. Ich bin mir auch sicher, dass ich in vorangegangenen Saisons noch selten in der frühen Meisterschaftsphase so intensive und schnelle Spiele gesehen habe. Es haben wohl noch andere Vereine bemerkt, das man den fehlenden Punkten aus den Herbst im Frühling nachrennen muss. Und ich habe auch Mühe mit dem Argument, alle Vereine die gegen den SCB verlieren würden, seien einfach gerade in einem Formtief...

Ich sehe alles nicht so dramatisch, ich traue dem neuen Coach grosses zu und ich finde wirklich, offensiv läuft einiges viel besser als in der letzten Saison. Wo ich leider immer noch grosse Mängel sehe ist im Verteidigungsverhalten im Slot. Da hoffe ich wirklich auf eine Topsaison von Bidu Gerber, er muss den jüngeren Verteidigern leider wieder mal zeigen das ihre Aufgabe primär mal Gegentore verhindern ist. Der von mir viel kritisierte Krüger hat sich in den letzten Spielen deutlich verbessert. Furrer ist eine Katastrophe und man muss dringend mal an seine Professionalität appelieren, das kanns wirklich nicht sein!

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Re: Muss Eishockey weh tun?

Beitrag von Duc » Mo 6. Okt 2014, 07:18

@Hektor

Weisst du Hektor, es gibt verschiedene Ansätze, für etwas Interesse zu zeigen. Als ich ein kleiner Junge war, hatte ich immer das Gefühl, jeder Spieler, der etwas taugt, spiele ganz automatisch beim SCB und keine Organisation der Welt sei besser als der Club meines Herzens.

Mittlerweile ist es eher so, dass ich mich in vielen Belangen an den Besseren, die es zweifelsohne immer gibt, orientiere. Das mag zuweilen anstrengender sein, als einfach alles gut zu finden, aber aus meiner Sicht halt auch sehr viel spannender und letztendlich auch einträglicher.

Und was das Rechthaben anbelangt: Ums Rechthaben geht es doch viel mehr denen, welche sogar die Gürtellinie vergessen, wenn sie ihre Pfründe in Gefahr sehen. Wer Recht hat, wird sich spätestens im nächsten Frühling weisen. Bis dann werde ich Umstände kritisieren, die aus meiner Sicht offensichtlich sind. Nur weil Sven Leuenberger aus Angst vor dem Versagen tiefstapelt, brauche ich die Bescheidenheit mit dem Ziel Playoffquali noch lange nicht zu teilen!

Der SCB unterhält ein Kader, für das die Halbfinalqualifikation Pflicht und die Finalqualifikation anzustreben ist! Das ist der Massstab. Wer mit Mittelmass zufrieden sein will, darf das gerne sein. Ich bin es nicht und deshalb pflege ich einen leicht anderen Beurteilungsmassstab als diejenigen, die zufrieden sind, wenn auf dem Eis alles angesprungen wird was sich bewegt. :D
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yzermann
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Re: Muss Eishockey weh tun?

Beitrag von yzermann » Mo 6. Okt 2014, 07:55

Duc hat geschrieben:

> Der SCB unterhält ein Kader, für das die Halbfinalqualifikation Pflicht und
> die Finalqualifikation anzustreben ist! Das ist der Massstab.

Mit dem Torhüter wo wir leider zur Verfügung haben, kannst du solche Ziele glatt vergessen :evil:

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